Seliger Metropolit Dionysios von Trikkis und Stagon (1907-1970)

Bekenner, Leidensdulder, Erneuerer des Mönchtums – eine große Gestalt der Griechischen Kirche des 20. Jahrhunderts

Der selige Metropolit Dionysios (Charalampous) von Trikkis und Stagon ist eine der großen Persönlichkeiten der Orthodoxen Kirche des 20. Jahrhunderts, obgleich er außerhalb von Griechenland bislang nur wenig bekannt ist.

Er war ein unerschütterlicher Glaubenszeuge und aufopferungsvoller Hirte seiner Herde in schwieriger Zeit, einer der bedeutendensten Erneuerer des Mönchtums während der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in Griechenland, ein begnadeter geistlicher Schriftsteller und ein Leidensdulder, dessen Leben auf besondere Weise mit Deutschland verknüpft ist, da er während des Zweiten Weltkriegs mehr als zwei Jahre unter dem nationalsozialistischen Regime in Konzentrationslagern in Deutschland und Österreich verbrachte.

Seine Persönlichkeit und sein Leben weisen von daher gewisse Parallelen zum hl. Nikolaj Velimirović von Serbien auf, und es ist zu hoffen, daß auch Metropolit Dionysios bald offiziell der Schar der Heiligen und großen Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts zugezählt wird.

Kurzbiographie


Dionysios, ein wahrer Diener und echter Freund unseres Herrn Jesus Christus, der selige Metropolit von Trikkis und Stagon, mit weltlichem Namen Konstantin Charalambous, ein besonderer Mensch, der das Siegel des Martyriums schon von Jugend an trug, wurde 1907 im kleinasiatischen Avcilar, Adramyttium, geboren. Seine Eltern und seine zwei Schwestern wurden während der Kleinasiatischen Katastrophe ermordet. Er war damals ein junger Mensch von gerade 15 Jahren, der auf schreckliche Weise seine Eltern und seine Geschwister verlor, welche die Τürken vor seinen Augen abschlachteten. Im erschütterten Herzen des Jugendlichen, der nach Mytilene flüchtete, entzündete der menschenliebende Gott eine große Flamme. „Die väterliche Hand des Herrn führte mein vom Sturm bedrängtes Boot in einen ruhigen Hafen“, so beschreibt er später diesen Lebensabschnitt. „Ein älterer, geprüfter und mit vielen Tugenden geschmückter heiliger Gerontas führte mich an der Hand und öffnete mir das ‚Tor des Himmels‘.“ Von nun an widmete er sich ganz und gar Gott. Er ging fort zum Heiligen Berg Athos, und als er 16 Jahre alt war, wurde er dort Mönch. Von da an war sein ganzes Leben ein einziger selbstloser Dienst; er lebte einzig für Christus und für die Seelen, „für die Christus starb“. Jeden einzelnen Augenblick rang er darum, alles, was er hatte, zu geben: „Das Deine vom Deinigen.“ Seine ekstatische Dankbarkeit gegenüber Gott ließ ihn nicht ruhen und niemals selbstgefällig oder zufrieden sein mit allem, was auch immer er tat, anbot, schuf und opferte bis zu seinem letzten Atemzug im Jahr 1970.

Zunächst verbrachte er zehn Jahre als Mönch im Heiligen Kloster Megisti Lavra auf dem Heiligen Berg. Anschließend studierte er in der athonitischen Schule und danach an der Theologischen Hochschule von Chalkis. 1934 wurde er dort zum Diakon geweiht, 1935 zum Priester.

In den Jahren 1940-1942 diente er als Prediger in der Metropolie von Mithymna [auf der Insel Mytilene] und übernahm die Leitung des Heiligen Klosters Limonas. Im August des Jahres 1942 verhafteten ihn die Deutschen mit der Anklage, dass er britische Soldaten versorge. Das Erfüllen der christlichen Pflicht der Gastfreundschaft kam ihm teuer zu stehen. 1942 hatte er in seinem Kloster einen englischen Soldaten versteckt, welcher sich eines Abends in einer Kneipe betrank und seinen Wohltäter verriet. Das persönliche Tagebuch und die Chronik jener Tage sind in seinem Buch „Zeugen“ («Μάρτυρες») enthalten. So wurde der damals gerade dreiundreißig-jährige Abt (Igoumenos) Dionysios von den Deutschen verhaftet; sie folterten ihn und verurteilten ihn zu zehn Jahren Zuchthaus.

Es begann sein Leidensweg durch die deutschen Lager, wo er der geistliche Vater seiner mitgefangenen Landsleute werden sollte, von welchen er sich bis zum Schluss nicht entfernte.

Zunächst wurde er in das Lager Paulos Melas in Thessaloniki gebracht. Dort zelebrierte er häufig die Göttliche Liturgie, predigte, nahm die Beichte ab und unterstützte die Gefangenen. Er mobilisierte die menschenfreundlich gesinnte Stadt Thessaloniki und rettete dadurch viele vor der Todesstrafe.

Da er mit der Herde zusammen leiden wollte, wies er die Begnadigung ab, die ihm angeboten wurde. Es war die einzige Gelegenheit für ihn, die Freilassung zu erhalten. Mehr als zwei Jahre KZ-Gefangenschaft folgten, u. a. in Bernau und schließlich im Zuchthaus Krems-Stein (Österreich), das von den Nationalsozialisten zur Inhaftierung von Regimegegnern benutzt wurde. Er wurde schrecklich gefoltert und war „sehr häufig dem Tod nahe“. Durch das wundersame Einschreiten der Allerheiligsten Gottesgebärerin wurde er gerettet und kehrte nach Griechenland zurück, wo er sogleich für die Sammlung und Rückkehr der griechischen Gefangenen nach Griechenland arbeitete. Anschließend diente er unermüdlich in Mytilene, in Nafpaktos und in Karpenisi und organierte auf Zypern das Priesterseminar „Apostel Barnabas“. 1951 wurde er zum Metropoliten von Limnos gewählt.

Ein wunderbares Zeugnis seiner täglichen Lebensweise während der acht Jahre seines pastoralen Dienstes dort gibt der graubärtige Archimandrit Vater Elias Mastrogiannopoulos: „Auf Limnos glich das Gebet einem ‚unaufhörlichen‘ und ‚allzeitigen‘. […] Jenes Haus war tatsächlich eine Diözese im Sinne des Frühchristentums, es war ein Auge und ein Herz, das Tag und Nacht mit ununterbrochener Liebe und Bereitschaft über alle und alles wachte. Es war kein ‚bischöflicher Palast‘ […] Eher könnte es Koenobium genannt werden, ‚Kloster‘, als Ort der Askese und des Gebets; ‚monastische Gemeinschaft‘, als Ort der Liebe und der Brüderlichkeit; ‚Schule‘, als Ort pastoraler und missionarischer Ausbildung. [...] Auf die hohen Theorien der Soziologen und Philosophen des Jahrhunderts antwortete Limnos konkret mit seiner stillen Revolution, [...] daß auch heute noch Jesus unter uns wandeln kann.“

1959 wurde er in die Heilige Metropolie von Trikkis und Stagon versetzt. Sie erlebte während seiner Amtszeit den Höhepunkt geistlicher Blüte. Auch dort war er ein unermüdlich an der religiösen und nationalen Wiedergeburt des griechischen Volkes Arbeitender, ein bedeutender und gegenwartsnaher Autor; er wurde mit Preisen der Akademie von Athen ausgezeichnet und vollbrachte ein wunderbares soziales Werk in seiner Diözese. So hören wir heute noch die Leute sagen: „Damals, unter Dionysios, haben selbst die Felsen das Jesusgebet gebetet“. Neben seinem pastoralen und literarischen Werk arbeitete der selige Metropolit in einer Epoche des Vorbehalts Metropolit Dionysios von Trikkis und Stagon und der Unwissenheit gegenüber dem Mönchtum für dessen Wiederbelebung und Organisation in den Meteora-Klöstern, die wie-derum zum Ausgangspunkt für eine weitreichende Bewegung wurde.

So wurde Metropolit Dionysios zum Ursprung und Stammvater einer großen geistlichen Familie. Ein Sproß dieses mächtigen Baumes ist der jüngst entschlafene Abt des Klosters Simonos Petras auf dem Heiligen Berg Athos, der ehrwürdige Archimandrit Aimilianos [Vafides, 1934 – 9. Mai 2019]. Dessen geistliches Kind ist der Abt des Heiligen Klosters „Johannes Kapodistrias" in Beinwil, Schweiz, der ehrwürdige Archimandrit Dionysios Kalambokas, geistlicher Vater von Mönchen und Nonnen aus verschiedensten Nationen und Gründer mehrerer Klöster innerhalb und außerhalb Griechenlands. Dessen geistliche Tochter wiederum ist die international bekannte, aus Deutschland stammende, ehrwürdige S’chima-Äbtissin Diodora (Stapenhorst), ihrerseits geistliche Mutter von inzwischen vier monastischen Gemeinschaften.

Der selige Metropolit Dionysios verbrauchte seine körperlichen und geistigen Kräfte in seinem heiligen Dienst rückhaltlos; dieser Verbrauch seiner Kräfte war bei ihm „vulkanisch“, wie es heißt. „Bei allen seinen Bekundungen war er eine sich fügende Existenz, schwebend im Abgrund Gottes, eine Existenz in Gefahr.“ Das Ende kam zu Beginn des Jahres 1970 nach langer und schmerzensreicher Krankheit, in welcher er zeigte, wie sich „der Gläubige im Schmerz und im Tod“ verhält. „Jenes Fleisch, das ein wenig gepeinigt worden war, gewickelt in den mönchischen Grabsack, unbedeutend, zu vernachlässigen,“ verbarg sich wie ein Weizenkorn in der Tiefe der Erde, im Heiligen Kloster Vitouma.

Die vor kurzem [2013] erfolgte Neuauflage zweier Bücher (auf griechisch): „Östliches Orthodoxes Mönchstum“ (Bd. 1 und 2) durch das Heilige Kloster Pantokrator in Kerkyra, sowie „Zeugen“ durch das Heilige Kloster der Gottesgebärerin Vitouma in Kalambaka, bietet auch jüngeren griechischsprachigen Lesern die Gelegenheit, diese große Gestalt der Kirche kennenzulernen. Im Jahr 2020 erblickte die Übersetzung des Werks "Märtyrer" (Zeugen) die Welt und kann in unserem Klosterladen erworben werden.

Quelle DER SCHMALE PFAD, Orthodoxe Quellen und Zeugnisse, Band 68